Histamin – Fluch oder Segen?

Histamin – ein biogenes Amin, welches als Gewebshormon und Neurotransmitter viele wichtige Aufgaben übernimmt.
Es wird aus der Aminosäure Histidin gebildet und in den Mastzellen und den basophilen Granulozyten, die sich vermehrt im Nervensystem und den Schleimhäuten der Nase, Atemwege, Bronchien, Magen, Darm, Gebärmutter etc. befinden, gespeichert.
In der Natur kennen wir das Histamin von der Brennessel, die sich bei ihr in den feinen Härchen befindet und beim Kontakt Symptome wie Juckreiz, Rötung und Quaddelbildung auslöst.



Zu den Aufgaben des Histamins zählen folgende:
Magensaft wird angeregt. Dadurch kommt es zu vermehrter Salzsäurebildung.
Erweiterung der Blutgefäße. Das führt zu einem Absinken des Blutdrucks.
Es ist ein Entzündungsmediator bei allerg. Reaktionen. In diesen Bereichen werden die Blutgefäße weitergestellt und somit auch durchlässiger.
Es kommt zu Rötung, Schwellung, Quaddelbildung und Jucken des betroffenen Bereiches.
Im Nervensystem reguliert es den Schlaf-Wach-Rhythmus, die Appetitkontrolle, Lernfähigkeit, Gedächtnis und Emotionen.


Der Körper verfügt über 4 verschiedene Histaminrezeptoren, die jeweils unterschiedliche Auswirkungen haben.
H1-Rezeptor: Kontraktion der glatten Muskulatur in Bronchien, Darm, Gebärmutter und den großen Gefäßen. Erweiterung kleinerer Blutgefäße mit dem Ergebnis, dass es zu allergischen Reaktionen wie Nesselsucht und Hautrötungen kommt. Im Nervensystem für den Schlaf-Wach-Rhythmus, antipressiv und antikonvulsiv (gegen Krämpfe wirksam, z.B. Epilepsie)
H2-Rezeptor: Weitstellung der Bronchien, Sekretion von Magensaft, Gefäßweitstellung, beschleunigter Puls, Herz.
H3-Rezeptor: Im zentralen Nervensystem und im Nervensystem des Darms.
H4-Rezeptor: Ist an allergischen Reaktionen beteiligt. Leukozyten werden dadurch zur Histaminquelle geleitet.

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Histamin-Abbauwege:
Was passiert mit dem Histamin, wenn es seine Aufgabe erfüllt hat?
Es gibt 2 Histamin-Abbauwege: Die Diaminooxidase (DAO), die hauptsächlich in den Darmzellen gebildet werden, und die Histamin-N-Methyl-Transferase (HNMT).
Die DAO verstoffwechselt extrazellulär, HNMT intrazellulär angefallenes Histamin.

Bis hierhin scheint Histamin ein Segen für den menschlichen Körper zu sein, bei all den wichtigen Funktionen.
Oder etwa doch eher ein Fluch?

„Ich vertrage kein Histamin“, „Ich habe eine Histamin-Allergie / Histaminintoleranz“?
Diese Aussagen sind nicht ganz korrekt, weil Histamin ja ein wichtiges biogenes Amin ist, wie wir bereits gesehen haben.
Es ist nicht das Histamin direkt, welches zu Beschwerden führt, sondern folgendes Ungleichgewicht:
Erhöhte Zufuhr aus der Nahrung, sodass die Abbaukapazitäten unzureichend sind.
Einnahme von Medikamenten, die histaminausschüttend oder DAO-blockierend wirken, z.B. Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR).
Vermehrte Histaminbildung im Körper, z.B. durch histaminbildende Bakterien im Darm. Bestimmte Stämme der Lactobacillen regen die Histaminbildung an. Auch eine erhöhte Zahl der E-coli Bakterien im Dickdarm können zur verstärkten Bildung von biogenen Aminen, wie Histamin, Tyramin, Kadaverin führen
Störung der Abbauwege DAO und/oder HNMT.
Die Abbauwege können durch eine verminderte DAO-Synthese oder eine niedrige DAO-Aktivität gestört sein. Die HNMT kann durch bestimmte genetische Veranlagungen gestört sein.


Welche Symptome können bei einer sogenannten „Histaminintoleranz“ auftreten?
Im zentralen Nervensystem: Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit
Herz- Kreislaufsystem: Herzrhythmusstörungen, Hypotonie (niedriger Blutdruck), Hypertonie (Bluthochdruck), Tachykardie (beschleunigter Puls)
Haut: Juckreiz, Flush, Urtikaria (Nesselsucht)
Atemtrakt: Fließschnupfen, verstopfte Nase, geschwollene Schleimhäute, Jucken in den Ohren, Dyspnoe (erschwerte Atmung), verschleimte Atemwege, Asthmaanfälle
Genitaltrakt: Zyklusbeschwerden – Histamin kann die Östrogenproduktion triggern, andersherum kann aber auch eine Östrogendominanz die Histaminausschüttung erhöhen, Dysmenorrhoe (schmerzhafte Regelblutung)
Verdauung: Magenkrämpfe, Bauchschmerzen, Reizmagen/-darm, Durchfall, Blähungen, Koliken.

Erkrankungen oder Störungen, bei denen Histamin eine Rolle spielt:
HPU/KPU: Die Hämopyrrollactamurie oder Kryptopyrrolurie ist eine Häm-Synthese-Störung, bei der es zu fehlerhaft zusammengesetzten Häm Molekülen kommt (Häm ist der rote Farbstoff im Blut, den Muskelzellen und den Mitochondrien).
Beim Abbau entstehen Pyrrole, die in diesem Fall nicht wie gewohnt über den Darm, sondern über die Nieren ausgeschieden werden. Um dabei die Nieren nicht zu schädigen binden sich die Pyrrole vermehrt an Zink, B6, Mangan und Chrom.
Das Fehlen dieser Mikronährstoffe, die eingeschränkte Entgiftungsleistung, und das fehlerhafte Häm führen zu vielfältigsten Beschwerden, darunter auch oft einer „Histaminintoleranz„.
Falls dich das Thema interessiert, kommst du über folgenden Link zu unserem Beitrag über HPU/KPU: https://www.trifolia-3fach-gesund.de/2021/04/01/hpu-kpu-eine-oft-unerkannte-stoffwechselstorung/

Östrogendominanz: Es ist bekannt, dass es über die H1-Rezeptoren in der Gebärmutter zu einer verstärkten Östrogenproduktion kommen kann. Andersherum kann aber auch eine hohe Östrogenkonzentration, über diese H1-Rezeptoren, eine Histaminausschüttung bewirken.
Die Progesteronsynthese wird dadurch eher weniger beeinflusst.

MCAS/MCAD: Mastzellaktivierungssyndrom /-erkrankung.
Eine Multisystemerkrankung, bei der es zu einer unkontrollierten und übermäßigen Ausschüttung von Botenstoffen, u.a. Histamin, aus den Mastzellen kommt.

Darmerkrankungen: Die DAO wird hauptsächlich in den Enterozyten (Darmzellen) produziert.
Bei entzündlichen Darmerkrankungen, kann dadurch auch die DAO-Synthese eingeschränkt sein und das Histamin nicht genügend abgebaut werden.
Wie schon oben erwähnt, gibt es auch histaminbildende Bakterien, die bei einer Darmdysbiose vermehrt sein können.




Diagnostik:

Die Diagnose ist nicht immer sehr einfach und eindeutig.
Ergänzend zu einer gründlichen Anamnese, gibt es verschiedene Laborparameter die hilfreich sein können um die Diagnose „Histaminintoleranz“ zu stellen.
Histamin im Stuhl
DAO im Stuhl
DAO im Serum
Histamin im Urin
Histamin Metaboliten im Urin
Die Laborkosten werden von den gesetzlichen Krankenkassen (i.d.R.) nicht übernommen.

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Therapie:
Eine radikale Histaminkarenz ist schlichtweg nicht möglich, da Histamin in den meisten Nahrungsmitteln enthalten ist.
Wenn das Problem eher an dem Histaminabbau (DAO,HNMT) liegt, ist es auch nicht unbedingt zielführend, weil die Histaminmenge im Körper, relativ gesehen, nicht erhöht ist, sondern die Abbauwege nicht optimal funktionieren.
Nichtsdestotrotz ist am Anfang der Therapie eine Einschränkung von histaminreicher Kost förderlich.

Ernährungsumstellung:
Fast jedes Lebensmittel enthält mehr oder weniger Histamin. Daher sollten Lebensmittel, die besonders reich an Histamin, sind gemieden werden.
Histamin liegt in hoher Konzentration vor bei Nahrungsmitteln, die in der Herstellung lange Gär- und Reifungsprozesse durchmachen, z.B. lange gereifter Käse, Wein, fermentierte Produkte wie Sauerkraut, Hefebackwaren, gepökeltes, geräuchertes oder mariniertes Fleisch, Konservenprodukte, Fertigprodukte, lange gelagerte oder lange warmgehaltene Speisen (Restaurant, Kantine), Gemüse (Tomaten, Spinat, Auberginen, Avocado), Früchte (Erdbeeren, Ananas,…), Fisch (spez. Thunfisch), Schalen- und Krustentiere, Salami, Essig, Alkohol, dunkle Schokolade, Kakao etc…
Im Netz gibt es viele Lebensmittellisten zum Herunterladen mit histaminreichen, histaminarmen und histaminprotektiven, also Lebensmitteln die die Histaminausschüttung im Körper triggern.
Um den Überblick zu behalten, auf welche Nahrungsmittel man mit Symptomen reagiert, kann man auch ein Ernährungstagebuch führen.
Medikamente:
Falls regelmäßig Medikamente eingenommen werden, prüfen ob diese eine Histaminausschüttung oder eine DAO-Blockierung bewirken.
Mikronährstoffe:
Falls ein Mikronährstoffmangel vorliegt, kann die Aktivität und/oder Synthese der DAO und der HNMT eingeschränkt sein, z.B. Vitamin C, Vitamin B6, Zink, Kupfer, Magnesium, Calcium.
Bestimmte Mikronährstoffe wie Calcium und Zink können die Mastzellen stabilisieren.
Um eine Überdosierung zu vermeiden, sollte die Einnahme durch einen Therapeuten erfolgen.
Darmtherapie:
Entzündungen, bakterielle Fehlbesiedelungen, erhöhte E-Coli Bakterien, bestimmte Stämme von Lactobacillen können zu einer erhöhten Histaminausschüttung oder einem zu niedrigen DAO Wert führen.


HISTAMIN – Fluch oder Segen?
Wie bei so vielem anderem auch, ist die Dosis das Gift.
Histamin mit seinen wichtigen Aufgaben ein wahrer Segen, aber bei einem Ungleichgewicht fühlt es sich für die Betroffenen eher wie ein Fluch an.



Eure Serpil
http://www.naturheilpraxis-aynacioglu.com

Heilpraktikerin Serpil Aynacioglu
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